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Update in Sachen ABA und Therapien für Autisten

ABA, Autismus Deutschland und Karlsruhe

Dies ist eine Fortsetzung des Artikels: Autismus Deutschland und ABA – zur aktuellen Situation.

Kurz und knapp: nach außen hin ist garnichts passiert. Weder hat Autismus Deutschland sich zur Einschätzung des Wissenschaftlichen Beirats geäußert, noch hat dieser selbst etwas dazu gesagt. Schweigen im Walde (RW), wie wir das von der Organisation gewohnt sind, die angeblich genau unsere Interessen vertritt, ohne uns überhaupt wahrzunehmen. Von diesem Internet und dass es Autisten gibt, die sich selbst organisieren, davon weiß man bei Autismus Deutschland nach eigener Aussage nämlich leider nichts. Alles Neuland. Ich frage mich, ob die Mails an info@autismus.de (die einzige offizielle Kontaktadresse), die an den Vorstand adressiert sind, überhaupt weitergeleitet werden.
Intern war die ABA-Karlsruhe-Connection allerdings Thema bei Gesprächen zwischen Bundesvorstand und Vorständen von beteiligten Regionalverbänden.

Leider kann ich euch hier nur erzählen, was mir aus zuverlässigen Quellen zugetragen wurde. Es ist trotzdem nur Hörensagen. Was im Gegensatz zu einer öffentlichen Äußerung der Verantwortlichen nichts wert ist. Trotzdem: die Bundesvorsitzende von Autismus Deutschland stimmt der Einschätzung des Wiss. Beirats nicht zu, worüber Autismus Karlsruhe in Kenntnis gesetzt wurde. Karlsruhe wurde aufgefordert die von ihnen verbreiteten Fehlinformationen richtig zu stellen. Zur Erinnerung: Autismus Karlsruhe verbreitete in einer Rundmail, dass die von ihnen veröffentlichte inoffizielle Einschätzung des Wiss. Beirats auch im Namen des Bundesvorstands erfolgte, machte im gleichen Atemzug Werbung für ABA-„Verhaltenstechniker“-Kurse und forderte zum fröhlichen Weiterleiten auf. In der ABA-Community feierte man daraufhin glücklich diesen unverhofften Sieg.

Passiert ist seitdem sichtbar garnichts. Es ist ja auch ziemlich peinlich. Falls Karlsruhe doch etwas richtig gestellt hat, dann so heimlich und leise, dass davon nichts dort angekommen ist, wo es hingehört. Zum Beispiel in der Pro-ABA-Yahoogroup, wo man die „guten Nachrichten“ zuvor noch gefeiert hatte oder in den diversen Foren und sozialen Netzwerken, in denen viele Eltern und Autisten sich austauschen. Falls jemand unserer Leserinnen und Leser von einer derartigen Richtigstellung etwas mitbekommen hat, freue ich mich über eine Meldung. Selbstverständlich bleibt ihr anonym, wenn ihr das wollt.
Dass der Bundesvorstand zwar im stillen Kämmerlein diese ganze Sache nicht gutheißt, aber nach außen hin schweigt, ist in meinen Augen eine Sauerei und zeugt einfach nur von fehlendem Rückgrat. Da tröstet auch der (ebenfalls nicht öffentliche) Beschluss, dass man in Zukunft keine ABA-Fortbildungen mehr anbieten wolle, nicht wirklich.

Allerdings ermöglicht es Spekulationen. Der ehemalige Regionalverband Autismus Hamburg ist (bereits vor Längerem) aus dem Bundesverband ausgetreten. Grund waren damals Meinungsverschiedenheiten ABA betreffend. Hamburg verlangte mehr ABA aber Autismus Deutschland wollte nicht. Vielleicht ist diese Entwicklung als Hinweis zu deuten, dass auch Karlsruhe keine Abnehmer für seine extremen Haltungen findet. Die Gründung eines neuen Landesverbandes in Baden Württemberg, in dem Karlsruhes Positionen angeblich nicht auf Anklang stoßen, kommt noch dazu. Gerüchten zufolge sind die Karlsruher Eltern bereits ziemlich isoliert, wohingegen der fortschrittlichere Regionalverband Autismus Mittelfranken zum Beispiel breitere Unterstützung erfährt. Alles intern versteht sich. Unter vorgehaltener Hand. Flüsternd, damit die Öffentlichkeit bloß nicht informiert ist. Man muss sich schließlich alle Türen offen halten (RW).

Ich finde diese Art mit dem Thema umzugehen respektlos, ignorant und verletzend. Man könnte vielleicht darauf hoffen, dass Autismus Deutschland ein extrem träger Apparat mit veralteten, eingefahrenen Strukturen ist. Veränderung und Entwicklung passieren, wenn überhaupt, dann sehr sehr langsam. Viel zu langsam. Zumindest die Richtung, in die es geht, scheint nicht so katastrophal, wie die Einschätzung des unabhängigen Wiss. Beirats vermuten lässt. Ein Beirat, der leider sehr unausgeglichen besetzt ist und hauptsächlich Fachleute mit veralteten, extremen Ansichten vereint. Soviel zum Thema „unabhängig“. Aber vielleicht erleben wir ja noch, dass Autismus Deutschland und seine Bundesvorsitzende sich zu einer öffentlichen Aussage hinreißen lassen. Passiert ist das nämlich schonmal, sie wissen also, wie es geht:

„In Deutschland stoßen ABA-Interventionen nach wie vor auf viel Kritik. Ein wesentlicher Punkt dabei ist, dass die Kinder auf roboterhaftes Verhalten reduziert würden, wie etwa der Bundesverband für Autismus meint. “Sie werden nicht zu anderem Verhalten motiviert, sondern schlicht darauf getrimmt. Das ist eine Dressur des Kindes, die gegen seine Würde verstößt und bei ihm nur Widerstand hervorruft”, sagt dessen Vorsitzende Maria Kaminski. Auch sie ist Mutter eines – inzwischen erwachsenen – Autisten. Und das dürfe ihr Sohn auch bleiben, sagt sie. “Unser Ansatz ist liebevoll-konsequent. Wir warten darauf, dass sich das autistische Kind von sich aus für die Außenwelt interessiert und der Folgen seiner Handlungen bewusst wird.”“

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2013/03/autismus-kinder-verhalten/seite-3

Mir scheint, Autismus Deutschland hat nicht nur einen Ethik-Beirat dringend nötig, sondern auch jemanden, der sich mit Öffentlichkeitsarbeit auskennt und weiß, was das Internet ist.

Leitlinie „Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter“

Abgesehen davon, dass wir die Aktivitäten von Autismus Deutschland im Auge behalten, richtet sich unsere Aufmerksamkeit aber auch darüber hinaus. Das Thema „Therapien für autistische Menschen“ ist mehr, als die Auseinandersetzung mit ABA. Auch wenn ABA sehr aktuell und der Widerstand dagegen sehr wichtig ist. ABA steht als prominentes Beispiel für eine gefährliche Grundorientierung in der Therapie von autistischen Menschen: Verhaltensmodifikation zur Anpassung an (willkürlich) von außen gesetzte Normen, statt Orientierung an Lebensqualität, Zielen und Wünschen von autistischen Menschen selbst.

In der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats von Autismus Deutschland wird auf eine in Bearbeitung befindliche Leitlinie verwiesen. Es geht um die Leitlinie „Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter“ bei der AMWF (Netzwerk der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland). Dort werden unter Anderem Leitlinien verschiedener Mitgliedsgesellschaften gesammelt.

Die Leitlinie richtet sich an Ärzte und Therapeuten, die mit autistischen Menschen jeden Alters arbeiten, also Autismus-Diagnosen stellen sowie Therapien durchführen und verordnen. Angemeldet und koordiniert wird die Leitlinie von zwei Fachleuten, die im Wissenschaftlichen Beirat von Autismus Deutschland sitzen und von denen mindestens einer maßgeblich für die Erstellung der kritisierten Einschätzung verantwortlich ist. In der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats von Autismus Deutschland haben diese Leute also auf ihre eigene Leitlinie verwiesen.

In den Prozess der Erstellung dieser Leitlinie sind diverse Fachgesellschaften einbezogen. Außerdem stellt der Bundesverband Autismus Deutschland einen Vertreter und Aspies e.V. einen weiteren (der auf der Seite der Leitlinie leider nicht aufgeführt wird). Es sind also ein Eltern- sowie ein Autistenvertreter involviert. Mir ist nicht bekannt, wieviel Einfluss und Gewicht die Stimmen dieser beiden Leute haben werden. Aber es ist wichtig, dass sie auch wirklich unsere Anliegen vertreten und umfassend informiert sind. Sie werden stellvertretend für Eltern und Autisten sprechen und daher sollten sie im Vorfeld so umfassend wie möglich in Erfahrung bringen, was wir denken und wollen.

Mir ist nicht bekannt, wer genau von Aspies e.V. beteiligt ist, wir werden da noch Kontakt aufnehmen und versuchen mehr herauszufinden. Falls ihr das hier zufällig lest, freuen wir uns natürlich auch über eine Kontaktaufnahme eurerseits. Ich bin sicher, wir können da gut zusammenarbeiten.
Ich weiß allerdings, wer vom Bundesverband Autismus Deutschland dort teilnimmt und wie es aussieht, werden wir in diesem Jahr noch die Gelegenheit bekommen an einer (öffentlichen?) Diskussion mit ihm teilzunehmen. Das werden wir natürlich wahrnehmen und unsere Positionen dort deutlich machen. Sobald es mehr dazu gibt, informieren wir euch hier und sind natürlich an eurem Input interessiert. Im Augenblick gründet sich innerhalb von Autland eine Arbeitsgemeinschaft „Therapie“, die sich intensiv mit Therapien für autistische Menschen auseinandersetzen wird. Stay tuned 😉

Es wäre wünschenswert, dass diese Leitlinienerstellung nicht, wie es uns die Politik mit TTIP & Co. vormacht, im Geheimen unter Ausschluss derjenigen stattfindet, die sie betrifft. Ich hoffe auf eine transparente Diskussion mit den beiden Vertretern, die Eltern und Autisten in diesem Prozess repräsentieren. Betroffen von diesen Leitlinien werden wir nämlich alle sein, indem sie Ärzten und Therapeuten als zukünftige Orientierung und Grundlage für Behandlungsentscheidungen dient.

Sammlung eurer Erfahrungen mit (Autismus-)Therapeuten

An dieser Stelle will ich nochmal darauf hinweisen, dass wir eure Erfahrungen mit Therapeuten, Ärzten und anderen Fachleuten sammeln. Es gibt außerdem schon seit Langem eine umfangreiche Liste von Diagnostikern, die von Markus gepflegt wird. Wenn ihr auch dazu etwas beitragen könnt, wär das super.
Wir selbst suchen weniger speziell nach Diagnostikern (obwohl das natürlich auch willkommen ist), sondern nach Therapieerfahrungen. Habt ihr Erfahrungen mit Psychiatern, Psychotherapeuten, Ergotherapeuten, Autismusambulanzen, etc. gemacht, die euch geholfen oder geschadet haben? Habt ihr Erfahrungen mit speziellen Therapieverfahren gemacht? Dabei konzentrieren wir uns bei der namentlichen Sammlung zunächst auf Bayern.

Zum Weiterlesen

Auf Ellas Blog gibt es eine bereits sehr umfangreiche Sammlung von Beiträgen, die sich kritisch mit ABA auseinandersetzen. Sehr lesenswert! Wenn ihr etwas beitragen könnt, schickt ihr einfach die Links.

Eine ehemalige ABA-Therapeutin beschreibt in einem eindrücklichen englischen Blogpost (Why I Left ABA), warum sie aufgehört hat ABA anzuwenden. Sie sagt, sie musste sich zwischen dem Einsatz von ABA und dem Respekt für das autistische Kind entscheiden. Auf dem Blog von fotobus gibt es eine deutsche Übersetzung (Warum ich ABA verlassen habe) des wirklich lesenswerten Textes. Vielen Dank für die Mühe an dieser Stelle! Klare Leseempfehlung für alle.

Anna

Autismus Deutschland und ABA – zur aktuellen Situation

Ich habe schon früher darüber geschrieben: „Sich positionieren – in Sachen ABA„. Über die Schwierigkeit von Fachleuten, Verbänden, Einzelpersonen und Vereinen in Sachen ABA Position zu beziehen. Und ich habe Autismus Deutschland, als größte deutsche Organisation, die öffentlich als Sprachrohr für Autisten auftritt, aufgefordert Stellung zu beziehen.

Es ist kein Geheimnis, dass die Regionalverbände, die Autismus Deutschland angehören, verschiedene Standpunkte vertreten. Sie sind in Sachen ABA so verschieden, dass sie in meinen Augen nicht vereinbar sind. Auf der einen Seite haben wir Autismus Karlsruhe, eng verbunden mit der gewinnorientierten Firma Knospe ABA GmbH und Keimstätte der meiner Ansicht nach sehr radikalen Vereinigung der „ABA-Eltern“. Auf der anderen Seite haben wir mit Autismus Mittelfranken einen Regionalverband, der sich um eine respektvolle Zusammenarbeit mit erwachsenen Autistinnen sowie Fachleuten bemüht, mittlerweile eine Autistin im Vorstand hat und sich kritisch mit ABA auseinandergesetzt hat.

Als Reaktion auf diese Stellungnahme von Autismus Mittelfranken, die einstimmig durch den Vorstand verabschiedet wurde, erfolgten persönliche Attacken weit unter der Gürtellinie auf die Autorin des Textes und eine in manipulativer Rhetorik verfasste Gegendarstellung der Firma Knospe ABA GmbH (Dem rein kommerziellen Interesse einer gewinnorientierten Firma angemessen. Werbung manipuliert Menschen schließlich permanent dahingehend Dinge zu kaufen, die sie nicht brauchen). Darüber hinaus wurde diese Stellungnahme durch erwachsene Autisten und sehr viele Eltern von autistischen Kindern sehr positiv aufgenommen. Diese Stellungnahme wurde als längst überfälliger Schritt angesehen. Als Schritt hin zu mehr Akzeptanz und Respekt für autistische Menschen und als Signal, dass es Eltern gibt, die bereit sind unsere Anliegen ernstzunehmen. Etwas, das die autistische Community sich schon sehr lange von Autismus Deutschland wünscht. Und es ist ein Anstoß sich endlich mit der Frage der Ethik in der Autismus-Therapie und -Forschung auseinanderzusetzen. In ihrer eigenen Zeitschrift „autismus“ haben Fachleute aus den Reihen von Autismus Deutschland diese Notwendigkeit hervorgehoben und sich kritisch mit ABA befasst.

Wissenschaftlerinnen, die sich mit Autismus und ABA befassen, haben seit jeher ein gespaltenes Verhältnis zu ethischen Fragestellungen. Als Begründung dafür, warum keine kontrollierten Studien zu ABA durchgeführt würden, führten die Vertreter an, dass es unethisch sei den Kindern der Kontrollgruppe die einzig wahre Therapie – ABA – vorzuenthalten. Auf der anderen Seite herrscht die Meinung bei ABA-affinen Wissenschaftlern vor, dass „gute Wissenschaft und gute Ethik mit Autismus nicht vereinbar sind“

Über ihre emotionale Aussage gab es einen positiven Bericht im Newsletter der Association for Science in Autism Treatment (ASAT), die sich mit ihrer Unterstützung der Autismus-ABA-Industrie hervorgetan hat. Auf deren Website und im Newsletter wirft ASAT mit ihren strengen wissenschaftlichen Standards um sich, und sie sind Bestandteil ihrer Mission. Mit der Autorität ihres mächtigen Beirats verkündete ASAT, dass gute Wissenschaft und gute Ethik mit Autismus nicht vereinbar sind. Ferner, dass Ethik für Autismus-Forschung verheerend wäre, und die Hoffnung der Eltern von Autist_innen allerorten erlöschen würde.

(Quelle: http://autismus-kultur.de/autismus/politik/fehlverhalten-der-verhaltensanalytiker.html)

In die Reihe dieser Äußerungen stellt sich auch die Einschätzung des „Wissenschaftlichen Beirats“ von Autismus Deutschland. Auch hier ist bekannt, dass diesem Beirat viele Fachleute angehören, die bereits früher durch ihre Befürwortung von ABA aufgefallen sind. Die Aussage dieses Beirats ist also nichts weiter, als eine weitere Äußerung einer einschlägig voreingenommenen Gruppe von Menschen. Und es ist eine weitere Äußerung, die den eigentlichen Punkt in der Diskussion um ABA verfehlt.

Ich arbeite selbst für eine Universität. Ich halte viel von Wissenschaft. Und ich weiß, dass Wissenschaft ohne ethische Standards sehr gefährlich ist. Ich weise hier nur darauf hin, dass die „Wirksamkeit“ von ABA vor allem auf Studien zurückgeführt wird, die eine systematische Anwendung von körperlicher Gewalt gegen autistische Kinder untersucht haben. Sie wurden wiederholt geschlagen und es wurde beobachtet, ob das zum Erfolg führt. Es geht und ging niemals um eine respektvolle, würdevolle Behandlung von autistischen Kindern. Es ging um messbare, beobachtbare Ergebnisse in Form von antrainierten Verhaltensweisen. Nur, weil jemand etwas als „wissenschaftlich“ bezeichnet, sagt das noch garnichts über die Qualität oder die ethische Vertretbarkeit aus.

Nicht ein voreingenommener Wissenschaftlicher Beirat, sondern ein Ethik-Beirat sollte sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Anwendung von ABA eine ethisch vertretbare Methode ist. Wissenschaft ist nur ein Werkzeug, mit dem die ABA-Industrie ihre Produkte zu vermarkten versucht. Was Autistinnen, Eltern und Fachleute kritisieren ist nicht (nur) die Wissenschaftlichkeit der Methode, sondern deren ethische Vertretbarkeit. Unzählige Autistinnen und Eltern warten darauf, dass der Vorstand von Autismus Deutschland diesen Umstand erkennt, die Schlussfolgerungen seines Wissenschaftlichen Beirats unter ethischen Gesichtspunkten überprüft und sich seinen fragwürdigen Aussagen nicht anschließt. Darüber hinaus sollte über eine ausgeglichenere Besetzung des Beirats nachgedacht werden und die Gründung eines Ethik-Beirats erfolgen.

Sollten diese Argumente noch nicht ausreichen, hilft es übrigens sich Folgendes zu vergegenwärtigen. Autismus Karlsruhe als Regionalverband von Autismus Deutschland, hat die interne Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats direkt zur Knospe ABA GmbH und den ABA-Eltern weitergereicht. Im selben Atemzug verwendet Karlsruhe die Aussagen des Beirats, um ihre eigenen Fortbildungen zu verkaufen. Ich stelle hier ernstlich in Frage, welche Interessen vertreten werden und wer daran verdient. Statt eine Aussage des Bundesverbandes abzuwarten, veröffentlicht Karlsruhe einfach mal eigenmächtig eine interne Stellungnahme und legt diese Aussage zudem gleich noch dem Bundesverband in den Mund. Man möge sich sein eigenes Urteil über dieses Manöver bilden und sich fragen, wer davon profitiert.

Persönlich bin ich außerdem der Meinung, dass es extrem unprofessionell und entlarvend ist, wenn der Wissenschaftliche Beirat einen Regionalverband aus engagierten Eltern, die beständig den Dialog mit Autistinnen und Fachleuten suchen, als „fundamentalistisch“ bezeichnet. Da hat wohl jemand seine persönlichen Gefühle nicht ganz im Griff gehabt. Ganz im Sinne der Wissenschaft natürlich.

Anna

Stellungnahme zur Stellungnahme von Autismus Deutschland e.V. zur Berichterstattung der Bildzeitung

Der folgende Artikel entstand als Reaktion auf eine Stellungnahme des Vereins „Autismus Deutschland“, die mittlerweile nicht mehr einsehbar ist. Autismus Mittelfranken, unser regionaler „Ableger“ des Vereins, hatte die Stellungnahme auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht und später gelöscht. Das wurde von Vielen positiv aufgenommen, die fehlende Entschuldigung bzw. Erklärung dazu stieß allerdings auf Kritik. Viele fühlten und fühlen sich in ihrer Verletztheit und Wut ignoriert und nicht ernst genommen.

Ich habe hier klare Worte als Reaktion auf die Stellungnahme verfasst und Autismus Mittelfranken direkt angesprochen. Mittlerweile hat der Verein hierüber den Austausch gesucht und sich für die unkritische Veröffentlichung der falsch formulierten Stellungnahme entschuldigt. Ich hab mich darüber sehr gefreut. Es passiert nicht so oft, dass man mit seiner Kritik und seinen Anliegen ernstgenommen wird und Fehler eingestanden werden. Das repektiere ich sehr.

Meine inhaltliche Kritik am Vorgehen des Bundesverbandes bleibt trotzdem bestehen und darum bleibt auch diese Stellungnahme hier natürlich wo sie ist!

Trotzdem wollte ich diese Information gerne vorweg schicken. Es lohnt sich, miteinander zu sprechen und zu erklären. Auch wenn es oft frustrierend ist, trotz Erklärungen nicht verstanden zu werden. Manchmal wird man von einer respektvollen und achtsamen Reaktion überrascht, wo man sie nicht erwartet hätte.

Anna

Disclaimer: Ich, Anna, schreibe das nicht im Namen der ganzen Gruppe, sondern um meine persönliche Meinung auszudrücken. Wir sind eine Gruppe von selbstständig denkenden Autisten und diese Plattform kann jedes Gruppenmitglied nutzen, um selbstständig Artikel zu veröffentlichen.

Autismus Mittelfranken e.V. veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite heute eine Stellungnahme von Autismus Deutschland e.V. (Update: Der Artikel wurde ohne Erklärung entfernt.)

Der Verein stellt sich in dieser Stellungnahme in die Öffentlichkeit und erhebt den Anspruch darauf, die „Belange von Menschen mit Autismus und dem Asperger-Syndrom sowie ihren Angehörigen“ zu vertreten. Der Verein hat sich dieses Vertretungsrecht – bezüglich der Autisten – ungebeten angeeignet, es wurde ihm nicht von uns Autisten übertragen. Es ist überhaupt nicht möglich, dass eine einzelne Organisation die Interessen aller Autisten vertreten kann. Wir sind sehr unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Ansichten und Bedürfnissen. Wenn überhaupt, dann sind nur Zusammenschlüsse von autistischen Menschen selbst in der Lage diese verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen. Autismus Deutschland e.V. ist nun ausdrücklich keine Interessensvertretung von Autisten. Es ist eine Angehörigenvertretung und in dieser Funktion hat der Verein sicherlich auch viel Gutes geleistet.

Autismus Mittelfranken e.V., als regionale Variante des Vereins, hat in unserer Region Schulen für autistische Kinder realisiert, berät Familien und macht diverse andere Angebote. Es liegt mir fern dieses Angebot abzulehnen oder schlecht zu machen. Ich weiß noch viel zu wenig über die einzelnen Angebote, um mir überhaupt eine Meinung bilden zu können. Vielleicht ändert sich das ja in Zukunft, sofern sich die Gelegenheit bietet. Ich würde zum Beispiel sehr gerne sehen, wie wir autistischen Kindern in Mittelfranken im Hinblick auf ihre Schullaufbahn gerecht werden. Aber darum geht es hier heute nicht.

Als erwachsene Autistin fühle ich mich einfach nicht durch eine Vereinigung vertreten, die nicht aus den Menschen besteht, die sie zu vertreten behauptet. Das ist auch schon alles. Eine Interessensvertretung von niedergelassenen Orthopäden besteht ja nunmal auch nicht aus den Eltern der Ärzte. Aus gutem Grund. Wer würde sie dann noch ernstnehmen? Und was wissen die Eltern wirklich über die Anliegen ihrer Kinder, wenn sie selbst nie in ihrer Lage waren? Sicherlich ein bisschen mehr, als ein Fremder auf der Straße, aber doch nicht genug, um öffentlich für sie sprechen zu können.

Und genau das ist das Problem, das ich habe, wenn Elternvereinigungen wie Autismus Deutschland e.V. öffentlich meine Interessen zu vertreten behaupten. Ich fühle mich bevormundet, übersehen und nicht ernst genommen. Das ist das Gegenteil von meine Interessen vertreten. Wir Autisten haben oft genug das Problem, uns nicht so ausdrücken zu können, dass die Allgemeinheit uns richtig versteht. Wir haben oft genug das Problem, dass wir nicht gefragt werden, sondern dass über unsere Köpfe hinweg entschieden wird, was andere Menschen für das Beste halten ohne je in unserer Lage gewesen zu sein. Wir haben oft genug das Problem, dass man uns nicht ernst nimmt, weil wir uns garnicht mündlich oder ungewöhnlich ausdrücken. Das Allerletzte, was wir brauchen, ist eine Interessensvertretung, die behauptet für unsere Belange einzutreten, und dann doch genau die Dinge macht, unter denen wir schon zur Genüge leiden.

Genau das hat Autismus Deutschland e.V. in oben verlinkter Stellungnahme leider getan. Es ist grundsätzlich gut, dass jemand klarstellt, dass Autisten nicht das sind, als was die Bildzeitung sie darstellt. Der Begriff Autismus wird in den Medien allzu häufig aufs Äußerste missverstanden und sehr falsch eingesetzt. Ich empfehle hier sehr die Reaktion einer anderen autistischen Blogautorin auf den Bild-Artikel.

Als Begründung, warum es überhaupt nicht sein könne, dass die beiden Mörder des Taxifahrers aus Prag das Asperger-Syndrom hätten, führt Autismus Deutschland e.V. an, dass Asperger-Autisten überhaupt nicht in der Lage wären planvoll vorzugehen und eine Reise ins Ausland zu unternehmen, um dann dort jemanden umzubringen. Die beiden Männer könnten also gar keine Autisten sein. Die Absurdität dieser Aussage sollte eigentlich Jedem einleuchten. Es ist mir unbegreiflich, wie überhaupt ein Mensch zu so einer Tat fähig sein könnte, vollkommen unabhängig von Autismus. Es spielt einfach keine Rolle. Diese logische Argumentation ist vollkommen falsch. Dass wir nicht planvoll vorgehen oder Auslandsreisen unternehmen könnten, zu welchem Zweck auch immer, ist an Absurdität schon kaum noch zu überbieten. Das passiert leider, wenn Menschen, die selbst nie erlebt haben, wovon sie da eigentlich sprechen, öffentliche Stellungnahmen verfassen. Obwohl ich zugeben muss, dass ich einer Elternvereinigung wie Autismus Deutschland e.V. zugetraut hätte, etwas besser über Autismus informiert zu sein.

Ja, es gibt viele Autisten, die Schwierigkeiten damit haben sich an unbekannten Orten zurechtzufinden oder denen es einfach Unbehagen bereitet, unvertraute Orte aufzusuchen. Speziell Asperger-Autisten (aber nicht nur diese!) sind jedoch oft sehr intelligent, führen ein selbstständiges Leben und sind sehr für ihre Affinität zu detaillierten Planungen bekannt. Wir sind oft sogar sehr gute Planer, weil es uns Sicherheit gibt, wenn wir etwas genau vorhersehen können. Natürlich trifft das nicht auf jeden Autisten zu, wir sind in erster Linie Individuen. Ich habe in meinem bisherigen Leben viele Reisen unternommen. Nicht nur habe ich sie für mich alleine geplant, ich habe das sogar für andere Menschen mit übernommen. Weil ich gut darin bin. Ich plane eigentlich ständig irgendetwas. Zum Beispiel eine Gruppe von und für Autisten in Mittelfranken und sehr oft gelingen meine Pläne.

Es ist also schlicht falsch, dass Asperger-Autisten nicht dazu in der Lage wären, so etwas zu unternehmen. Es vermittelt ein falsches Bild, auch wenn die Beweggründe uns nicht als „gestörte Killer“ dargestellt sehen zu wollen, gut sein mögen.

Autismus Deutschland e.V. „bittet um Verständnis und Respekt gegenüber Menschen mit Autismus.“. Ich bitte nicht darum, ich fordere Respekt, denn er steht mir zu.

Ich wüsste sehr gerne, wie die Damen und Herren des Vereins Autismus Mittelfranken e.V. zu dieser Stellungnahme stehen, die sie auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht haben. Immerhin haben wir ein gemeinsames Ziel: wir wollen etwas Positives für autistische Menschen in unserer Region bewirken. Ein falsches Bild von Autismus zu vermitteln, trägt sicherlich nicht zu mehr gegenseitigem Verständnis bei.

Über eine Antwort würde ich mich deswegen sehr freuen.

Anna