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Autistische Geschenke oder Geschenkideen für Autisten

Das hier wird keine Diskussion über Sinn, Zweck oder persönliche Einstellung zum sozialen Ritual des Sich-Gegenseitig-Was-Schenkens anlässlich eines christlichen Feiertags oder anderer Festlichkeiten. Auch nicht über Pro & Contra von unkontrolliertem Konsum 😉 Und überhaupt. Auch wenn das sicher alles legitime, interessante Themen sind.

Stattdessen will ich hier nur mal eine Sammlung von Sachen veröffentlichen, mit denen man autistischen Freunden und Verwandten (aber sicher nicht nur diesen) vielleicht eine Freude machen kann. Wir haben alle so unsere individuellen Vorlieben, wie alle andern Leute auch. Darum beschränk ich mich auf Sachen, die irgendwie mit Autismus in Zusammenhang stehen.

  • Loud Hands – Autistic People Speaking“ – Ein englischsprachiges Buch, herausgegeben und geschrieben von vielen verschiedenen autistischen Menschen. Sehr lesenswert, vorausgesetzt die englische Sprache stellt keine Hürde dar. (Kriegt man auch in Deutschland schnell über amazon.de.)
  • Meine Lieblingsfarben klingen“ – Ein Buch wie gemacht zum Verschenken. Lyrik trifft Malerei und Mutter eines autistischen Kindes trifft erwachsene Autistin. Nicht nur die Farben, auch die gedruckten Worte darin tanzen und klingen. Ein wirklich schönes Kooperationsprojekt mit intensiven, ausdrucksstarken Gedanken.
  • Schattenspringer“ – Hier darf natürlich auch der Schattenspringer nicht fehlen. Eine autobiographische Graphic Novel von Daniela Schreiter alias Fuchskind. Über das Aufwachsen als Autistin auf dem falschen Planeten. Sehr toll, und zwar für Groß und Klein (naja, mittelklein)! Besonders gut: Fuchskind arbeitet gerade schon am zweiten Band!
  • StimTastic“ -Ein Online-Shop der „Stimming Schmuck“ und „Stimming Spielzeug“ verkauft. Da gibt es zum Beispiel formschöne Kettenanhänger oder Armbänder aus gesundheitsverträglichem Material zum drauf Rumkauen. Diese Teile sollen recht widerstandsfähig sein, wenn auch nicht unkaputtbar (also eher Vorsicht bei Autisten, die da sehr hartnäckig zubeißen und am besten erstmal vorsichtig ausprobieren). Es gibt auch einen tollen Ring, der wiederum einen Ring enthält, den man endlos drehen kann, ohne den ganzen Ring um den Finger drehen zu müssen. Total toll! Und dann noch andere Kleinigkeiten wie Anhänger mit vielen beweglichen Teilen (Fahrradkettenteile) zum Rumspielen und Anderes. Für Weihnachten wohl schon zu spät durch den internationalen Versand. Aber bei Interesse an einer Sammelbestellung im neuen Jahr meldet euch bitte hier bei mir! Übrigens ist StimTastic auch eine Firma von Autisten für Autisten mit einer tollen Philosophie.
  • Bedruckte T-Shirts“ – Hier stellvertretend ein Shirt bei Spreadshirt mit dem Aufdruck „Es ist kein behinderter Hund, es ist eine Katze“ auf englisch (was wesentlich besser klingt, als meine Übersetzung). Man kann Stunden damit verbringen selbst T-Shirts zu kreieren (aber auch Pullis, Tassen oder anderen Kram). Bewährt haben sich zum Beispiel auch Shirts mit prägnanten Aufklärungen wie „Ich bin nicht schlecht erzogen, ich bin Autist.“ für die Kleinen oder „Nicht Anfassen, ich bin Autist“ oder sinngemäße Aussagen, die besser klingen 😉 Aber natürlich gehen auch Lieblingsirgendwas-Bilder oder was immer dem zu beschenkenden Autisten sonst so gefällt.
  • Rubiks Cube“ – Oder auch „Zauberwürfel“. Der erlebt gerade ein Comeback und ich kenne viele Autisten, die davon begeistert sind. Im verlinkten Online-Shop gibt es jede Menge Varianten und auch andere Knobelspiele. Perfekt, um sich abzulenken und Wartezeiten oder Busfahrten zu überstehen, die Finger haben was zu tun, der Kopf ist beschäftigt und Spaß macht es auch noch. Für die Fortgeschrittenen geht das Ganze dann noch auf Zeit, um den Weltmeistern im Speedcubing nachzueifern – dafür gibt’s dann besonders rund laufende hochwertige Würfel.
  • Sinneszelt“ – Ein weißes, würfelartiges Zelt, das sich beim Auspacken selbst aufstellt und als eine Art mobiler, kleiner Snoezelraum genutzt werden kann. Ein paar weiße Kissen und Decken rein und dann mit dosierten Lichteffekten arbeiten und/oder Musik hören, Sachen ertasten, sich entspannen und zurückziehen können. Besonders praktisch, weil nicht so groß und zusammengefaltet gut verstaubar – daher aber auch nicht so groß, dass Erwachsene sich darin entspannt hinlegen könnten. Aber so ein kleiner begrenzter reizarmer Raum hat ja vielleicht trotzdem seinen Reiz (RW) 😉 Ansonsten eher für die Kleinen. Am besten im abgedunkelten Raum aufstellen. Gibt es auch in schwarz, dann wird es richtig dunkel, wer das bevorzugt.
  • Hängematten, Hängesessel, Hängezelte – gibt es in unzähligen Ausführungen für drinnen und draußen. Sie sind bei vielen (nicht allen) Autisten sehr beliebt. Schaukeln wirkt auf viele von uns sehr beruhigend. Es hilft dabei wahrzunehmen, wo der eigene Körper sich im Raum befindet, indem es die Wahrnehmung der körpernahen / inneren Sinne, die bei vielen von uns (im Gegensatz zu den äußeren Sinnen wie Sehen/Riechen/Hören) nicht so ausgeprägt ist, verstärkt.
  • Gewichtswesten, -decken, -kissen, -manschetten oder -schlangen – mit schwerem Material gefüllte Textilien, die auf den Körper gelegt einen schweren, gleichmäßigen Druck erzeugen. Hilft aus ähnlichen Gründen wie das Schaukeln vielen (wie immer nicht allen!) Autisten beim Entspannen. Der eigene Körper und die Begrenzungen werden besser wahrgenommen und das vermittelt Sicherheit. Was wiederum beim Entspannen / Beruhigen hilft. Tipp: Gewichte nicht dauerhaft tragen, sondern nur nach Bedarf einsetzen. Es tritt sonst oft eine Gewöhnung ein und der positive Effekt lässt nach. Manche Autisten brauchen sehr viel Gewicht, damit es hilft – das ist individuell verschieden und muss ausprobiert werden. Kissen, Manschetten und Schlangen lassen sich auch einfach selbst herstellen, dazu gibt’s bei Gelegenheit eine Anleitung von mir. Decken und Westen sind etwas aufwändiger, aber für geübte Näher*innen auch machbar.
  • Gesellschaftsspiele, Puzzle – zumindest hier bei Autland spielen fast alle sehr gerne Gesellschaftsspiele 🙂
  • Bücher / Zubehör für die jeweiligen Spezialinteressen – Natürlich haben viele von uns ausgeprägte Interessen. Die größte Freude kann man mir machen, wenn sich jemand wirklich damit beschäftigt und mir etwas Passendes schenkt. Da wir aber selbst die größten Profis sind und feste Vorstellungen haben, hilft es hier am meisten einfach direkt zu fragen, was man sich wünscht / was man noch brauchen kann. Ich zumindest freue mich nicht weniger, wenn es keine Überraschung ist – sondern mehr, wenn es etwas ist, was ich wirklich will und brauchen kann. Also im Zweifel einfach nachfragen oder aber jemanden fragen, der sich mit dem Thema selbst sehr gut auskennt und Empfehlungen geben kann.

Habt ihr noch weitere Tipps oder Ideen? Worüber freut ihr euch besonders? Worüber hat sich euer autistisches Kind besonders gefreut? Ab in die Kommentare damit! 🙂

Viel Spaß beim Verschenken oder was natürlich auch immer geht: sich selbst beschenken! 😀

Anna

Schaukeltage

Der Welt kämpferisch gegenübertreten. Ihrem Scheppern und Schnattern, Zischen und Blinken, dem Rauschen und Lärmen. Immer weitergehen, den Kopf aufrecht, den Blick geradeaus und Antworten geben und Fragen stellen. Pflichten, Notwendigkeiten und Verantwortungen gerecht werden müssen und wollen. Es ist schon nach der Hälfte genug und einen, zwei Atemzüge später zuviel. Zuviel von allem.
Noch ist es nicht geschafft, noch ein bisschen länger. Noch ein bisschen mehr quälendes Neonlicht, noch ein bisschen länger den viel zu lauten Stimmen lauschen, das immer stärker werdende Rauschen und Knallen und Lärmen ertragen. Meine Hände, immer wieder meine Hände daran hindern allzu wilde Tänze zu vollführen. Vergeblich den Geruch ignorieren und zusehen, wie er sich mehr und mehr in Gestank verwandelt, unerträglich. Nur noch ein bisschen länger. Jetzt nicht Ausrasten. Durchhalten.

Endlich irgendwann, vielleicht, einschlafen und den lärmenden Kopf für ein paar Stunden nicht hören müssen. Das Blinken und Scheppern und Lärmen vergessen. Bis zum Morgen.

Es ist ein Schaukeltag, das merke ich noch bevor ich die Augen öffne. Es muss ein Schaukeltag sein, damit keine Katastrophentage folgen. Ton für Ton, Lichtstrahl für Lichtstrahl hat die Welt meine schützende Haut abgetragen. Es ist nichts, fast nichts mehr übrig. Der nächste laute Ton, die nächste Frage, das nächste erzwungene Wort frisst sich direkt in mich selbst hinein. Hinterlässt Löcher, Wunden, Schmerzen.

Es ist ein Schaukeltag. Es muss ein Schaukeltag sein. Mit mir allein, ohne Worte. Mit viel Zeit und ohne Ansprüche. Nur ich, nur Schaukeln, nur Ruhe, nur ein paar leise Tränen. Nur eine kleine Kerze, ein sanftes leises Lied, Stunde um Stunde. Schaukeln und die Augen schließen und Atmen, während meine schützende Haut, Stückchen für Stückchen, heilt und wieder kräftiger wird. Meinen Körper freilassen, die Finger tanzen, drehen, fliegen. Frei und ungezähmt. Für mich selbst sorgen und ganz Ich sein.

Es ist ein Schaukeltag, wie ein Schatz. Ein Himmel voller leise glitzender Sterne.

Anna